Im Fluss

29. April 2009

Evolution 3.0 – zwei Visionen

Filed under: Random,Reviews — Robinson @ 1:11 pm
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Vision 1: In letzter Zeit quassel ich ihr die Birne voll, ich möchte unbedingt einen Haushaltsroboter, der unser aller Alltagsleben erleichtert. Denn mit dem anhaltenden Fortschritt der Technik gibt es ja eigentlich keinen Grund mehr, warum ich meinen (noch nicht so fetten, aber das kommt noch) Arsch bewegen sollte, um mir einen Tee zu machen, oder um den Geschirrspüler aufzufüllen, oder die Wäsche zu waschen, oder überhaupt irgend eine manuelle Arbeit zu verrichten. Klar könnte man statt eines Roboters auch eine menschliche Haushalthilfe anstellen, aber denen haftet leider das Problem an, dass sie – wie soll ich sagen – dass sie eben Menschen sind. Und Menschen haben Rechte (die ich hier auf gar keinen Fall in Frage stellen will!) und einen eigenen Charakter, und das macht die Sache dann wieder viel zu kompliziert und teuer.Ich möchte in meiner Freizeit viel lieber nur noch die angenehmen Dinge des Lebens tun. Surfen, TV schauen, lesen, vielleicht ein Buch schreiben oder wenigstens ein Blog, miteinander was unternehmen (ja klar, auch das, woran Ihr grad denkt), reisen, spazieren, wandern, radfahren usw. Und wenn wir grad dabei sind: Ich möchte auch viel mehr Freizeit, denn die Technik erleichtert uns ja auch die Arbeit (sollte sie zumindest), so dass wir heute in acht Stunden genauso viel erledigen können wie anno Grossvater in zwölf. Und das, was wir heute in acht Stunden am Tag erledigen, können ständig intelligenter werdende Maschinen uns dann hoffentlich auch einmal abnehmen, so dass die Menschheit gar nicht mehr arbeiten muss und das ganz ohne Verlust von Wohlstand (den uns die Maschinen ja freundlicherweise her- und zur Verfügung stellen).

Das ist meine bevorzugte Vision. Und die Leute arbeiten ja (jetzt mit Hilfe ihrer Maschinen) auch alle fleissig daran, dass wir immer mehr Freizeit für uns selbst haben. Mir ist schon klar, dass die Vision auch einen Haken hat. Die zeitliche Abfolge dieser Entwicklung ist zum Beispiel ein bisschen ein Problem. Wir sind nicht von heute auf morgen in Karl Marx‘ Welt von „Morgens fischen, mittags jagen, abends kritischer Kritiker sein“. Eine menschliche Arbeiten nach der anderen verschwindet. Früher muss es wohl ein Heer von Strassenfegern gegeben haben, heute gibt es in jeder Stadt noch ein paar Arbeiter, die in ihren Strassenfeg-Vehikeln herumcruisen so die Strasse reinigen. Viel effizienter, aber der rest des Heeres, das früher die Strassen reinigte, hat, wenn überhaupt, jetzt eine andere Arbeit.

Gleichzeitig mit dem Wegfall von Arbeit in alten Bereichen (eben z.B. Strassenreinigung) entsteht ja (vorübergehend) Arbeit in neuen Bereichen (etwa im High-Tech-Bereich). Doch die Fähigkeiten, welche die Strassenreiniger mitbringen, könnten allenfalls unpassend sein für die Arbeit, die entstanden ist. Und wenn man davon ausgeht, dass insgesamt immer weniger menschlicher Input nötig ist, dann bräuchten die überzähligen Strassenreiniger ja auch gar nicht mehr auf Jobsuche gehen. Sie wären dann einfach die ersten glücklichen, welche die Früchte des Fortschritts in ihrer absolutesten Form geniessen dürfen. Will heissen: Die entlassenen Strassenreiniger sollen weiterhin ihren vollen Lohn erhalten, auch wenn man sie nicht mehr braucht. Denn ihre Arbeit, d.h. der früher von ihnen geschaffene Wohlstand, wird ja immer noch in gleicher Qualität erledigt. Niemand müsste also einen Verlust hinnehmen, wenn die Technik Arbeit überflüssig macht.

Doch die Gesellschaft funktioniert leider nicht so, und verständlicherweise möchten diejenigen Strassenreiniger, die nun in ihren Strassenreinigungs-Fahrzeugen die Stadt unsicher machen, dafür belohnt werden, dass sie immer noch ihre Freizeit opfern für die Öffentlichkeit, im Gegensatz zu jenen, die jetzt ihre Frührente geniessen. So ganz ohne Konflikte und soziale Reformen (Stichwort Umverteilung) wird der Übergang in die Welt totaler Freizeit also nicht ablaufen, aber früher oder später sollten wir mit, sagen wir, einer halben Stunde Entscheidungsarbeit pro Tag durchkommen. Den Rest können die Maschinen übernehmen. Die Entscheidungsarbeit ist der Kern dessen, was der Mensch bis in alle Ewigkeit wird leisten müssen. Wenn er auch diese Arbeit abdelegiert, landen wir auf direktem Weg in…

…Vision 2. Terminator kennt ihr alle ja? Die Geschichte der Maschinen, die sich selbständig machen und die Menschheit auszurotten beginnen, genau. Und dass das total abwegiger Schwachsinn ist, wissen wir ja alle. Ausser…Überlegt Euch mal folgendes: Ich schreibe gerade diesen Beitrag hier, inspiriert durch jenen Beitrag dort. Will heissen: Ein Stück digitale Information (ein Mem) hat mich als Replikator benutzt, um sich weiter verbreiten zu können. Memen sind aber im heutigen Web gar nicht mehr unbedingt darauf angewiesen, dass eine lebende Person sie weiter kopiert.

Sie brauchen den Menschen noch, damit jemand sie repariert, wenn sie kaputt sind, und damit Strom fliesst. Beides ist aber grundsätzlich denkbar ohne Menschen. Das heisst, wenn wir Menschen effektiv daran arbeiten, unsere eigene Arbeit demnächst einmal überflüssig zu machen, damit wir nur noch müssig nach Lust und Laune durchs Leben wandern können, dann brauchen nicht nur wir uns nicht mehr, sondern auch die Maschinen kommen ab diesem Zeitpunkt ohne uns aus. Denen kann es dann egal sein, ob man die Luft auf dem Planeten noch atmen kann, oder ob es was zu essen gibt. Es geht noch weiter: Was keinen einsehbaren Nutzen hat, wird mit der Zeit sogar lästig. Was, wenn ein menschlicher Müssiggänger zum Beispiel den Spleen entwickelt, in seiner Freizeit die maschinell kontrollierte Stromversorgung zu sabotieren? Das könnte ich als Maschine jedenfalls nie akzeptieren. Ich weigere mich jetzt, an Vision 2 weiter zu denken.

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